Bund sorbischer Handwerker und Unternehmer e. V.
Zwjazk serbskich rjemjeslnikow a předewzaćelow z. t.

Lohn und Brot in der Lausitz sichern

Das Selbstbewusstsein sorbischer Unternehmer ist gewachsen. Sich mit zweisprachiger Beschriftung am Betriebstor öffentlich zur sorbischen Nationalität zu bekennen, wird mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit. Anzeigen in Zeitungen erscheinen zum Teil in Sorbisch oder zweisprachig, bei wirtschaftspolitischen Veranstaltungen wird auch sorbisch gesprochen. Junge Unternehmer gehen bewusster mit diesem Thema um. Ihnen steht die Welt offen. Sie orientieren sich anderswo in Studium und Weiterbildung und kommen mit neuem Blick in die Heimat zurück – und mit der Erfahrung, dass im Ausland nationale Traditionen auch in der Wirtschaft gelebt werden. In der Lausitz gibt es diese seit Generationen, sie müssten nur mancherorts bewusster gepflegt werden. Das motiviert sorbische Handwerker und Gewerbetreibende, mit Sponsoring oder Spenden auch weiterhin das sorbische kulturelle Leben auf den Dörfern zu unterstützen, etwa die jährlichen Herbstkonzerte der Domowina oder die Europeada, die Fußball-EM der autochthonen Minderheiten 2012 in der Lausitz.

Das Bekenntnis zu sorbischen Wurzeln ist die eine Seite, die Bedingungen des freien Markts sind eine andere. Dem Wunschdenken zur Wendezeit, Kommunen im sorbischen Gebiet müssten bei der Auftragsvergabe die Minderheit besser berücksichtigen, sind per Gesetz Schranken gesetzt. Sorbische Unternehmen brauchen auch deutsche Aufträge, allein vom sorbischen Umfeld könnten sie nicht leben. Sie müssen sich deshalb wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen durch Qualität und Zuverlässigkeit auszeichnen.

Gegründet wurde der Bund sorbischer Handwerker und Unternehmer 1997, um sorbische wirtschaftliche Interessen besser vertreten zu können. Einen Verein mit dieser Ausrichtung gab es zuvor nicht. Die Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen sorbischen Wirtschaftsvereine waren landwirtschaftliche oder Verkaufsgenossenschaften. Denn die Sorben waren in der Hauptsache ein Agrarvolk, worin bis heute die starke Verbundenheit mit Haus und Hof begründet ist. Einer der Vorgänger des Unternehmerverbands war der 1918 in Crostwitz/Chrósćicy gegründete Sorbische Bund in Bautzen (Serbski Zwjazk w Budyšinje). Er definierte als ein Ziel, „dem wendischen Arbeiter zu ausreichendem Lohn zu Hause in der Lausitz zu verhelfen und die Ansiedlung in der Heimat zu ermöglichen …“10. Diese Forderung ist bis heute aktuell.

Dem Unternehmerverband gehören mehr als 60 Mitglieder vom Einzelunternehmer bis zum mittelständischen Unternehmen an. Der Verein ist politisch und konfessionell neutral. Sich gegenseitig beizustehen und einander zu stärken, um Lohn und Brot in der Lausitz zu sichern, das war für die Sorben lange Jahre nicht nur eine Frage der wirtschaftlichen Existenz. Fehlende Arbeits- und Ausbildungsplätze führten zur Abwanderung, vor allem der jüngeren Landsleute, die dann für das sorbische Volk als Sprachträger verloren waren. Das ist inzwischen ganz anders. Wenn junge Sorben wegen einer Lehrstelle die Heimat verlassen, liegt das meist an speziellen beruflichen Qualifikationen. Denn mittlerweile gibt es hierzulande mehr Ausbildungsplätze als Lehrlinge. Das hätte Ende der 1990er-Jahre niemand gedacht.

Eine zweisprachige Lehrlingsausbildung, wie von Domowina und Unternehmerverband über Jahre angestrebt, lässt sich in der Berufsschule nur schwer umsetzen, funktioniert in den Ausbildungsbetrieben aber recht gut. Jedoch kann Sorbischunterricht nicht Sache des Unternehmers sein. Seit einiger Zeit kooperiert der Unternehmerverband mit der Sorbischen Oberschule Ralbitz/Ralbicy, um Lehrlinge für das sorbische Handwerk zu interessieren. Erstmals wurde 2012 eine Busfahrt in Firmen mit verschiedenen Berufsbildern von der Handarbeit bis zur Hochtechnologie organisiert. Die Schüler merkten, dass die sorbische Sprache nicht etwa ein Überbleibsel der Volkskultur, sondern in der Wirtschaft lebendig ist. Genau damit hatte sich 2006 die Konferenz der Domowina „Die sorbische Sprache und die Wirtschaft“ befasst. Projekttage, Schülerpraktika und Ferienarbeit zeigen sorbischen Schülern berufliche Perspektiven in der Lausitz und damit in der Heimat auf.

Im Jahr 2000 trat der Verein der Domowina bei. Damit gewann der Dachverband der Sorben mehr Kompetenz zu wirtschaftlichen Themen. Seitdem gibt es einen eigenständigen Bereich des Unternehmerverbands in der Niederlausitz. Seit der EU-Osterweiterung 2004 nimmt der Verein regelmäßig an Unternehmertreffen in Polen teil, unterhält Kontakte nach Tschechien und zur slowenischen Minderheit in Österreich oder reist zu Exkursionen in die baltischen Staaten. Ihre Muttersprache erleichtert den Sorben dabei die Verständigung.

Aus: Constanze Knappe: Im Zeichen des Lindenblatts. Die Domowina – Bund Lausitzer Sorben e. V. auf dem Weg in die Zukunft. 2., überarbeitete Auflage, Bautzen 2013, S. 20, 21.


10 Musiat, Siegmund: Sorbische/Wendische Vereine 1716 – 1937. Ein Handbuch. Domowina-Verlag Bautzen 2001, S. 351