Domowina-Hauptversammlung in Schleife setzt auf Aufbruch für Aufschwung des Sorbischen in Zeiten des Strukturwandels
Die über hundert Delegierten der Haupt- und Wahlversammlung des sorbischen Dachverbandes Domowina, die 7.500 Mitglieder in 200 Verbänden, Vereinen und Gruppen vertreten, haben am Samstag in Schleife/Slepo den Vorsitzenden Dawid Statnik (37) mit 96,1 Prozent wiedergewählt (2017 waren es 93 Prozent). Zu Stellvertretern wurden erstmals Hartmut Leipner aus der Niederlausitz und erneut Marko Hantschick aus der Oberlausitz gewählt. Danach erfolgte die Wahl für die Besetzung der weiteren 27 Plätze im Bundesvorstand, der jüngste Gewählte ist 19, der Älteste 71. Die Hauptversammlung fand in der Sporthalle des Deutsch-Sorbischen Schulkomplexes statt.
Außerdem beschlossenen die Delegierten Änderungen der Satzung, durch die neben den Vereinen die Rolle von Einzelmitgliedern gestärkt und die Entscheidungsbefugnisse der Hauptversammlung erweitert werden. Mit den Arbeitsrichtlinien 2021-2023 erteilten die Vertreter der Basis dem Dachverband den Auftrag über mehr als 60 Projekte und Aufgaben.
Vorsitzender Dawid Statnik sieht in der allgemeinen Anerkennung des Sorbischen als Alleinstellungsmerkmal der Lausitz, der Berücksichtigung des sorbischen Volkes im Strukturstärkungsgesetz und der Aufstockung der Stiftungsmittel um rund ein Viertel nach Jahrzehnten der Kürzungen und Stagnation eine historisch positive Entwicklung. Sie sei dadurch ermöglicht worden, dass man „die Zeit der kleinen Königreiche bei den Sorben überwunden” habe: „Wir ziehen mit allen zuständigen sorbischen Gremien seit nunmehr vier Jahren an einem Strang.” Ausdrücklich erwähnte er dabei die „beiden Sorben-Räte in Brandenburg und Sachsen, die Stiftungsratsmitglieder, Mitglieder des Parlamentarischen Beirates der Stiftung und den Domowina-Bundesvorstand.”
Aber „der größte Missstand im Moment ist der, dass das Bildungssystem, salopp gesagt, nicht genug Nachwuchs für unser Kultur- und Sprachsystem produziert.” Deshalb müsse nach dem Vorbild der sorbischen Kulturautonomie auch über eine Bildungsautonomie nachgedacht werden, aber im Einvernehmen mit allen Betroffenen. Dabei favorisiere er kein Modell, sondern die Verwirklichung des Anspruchs, „dass die Absolventen dieser Bildungseinrichtungen in der Lage sind, mündlich wie schriftlich fließend Sorbisch/Wendisch zu kommunizieren.”
Statnik sieht die Notwendigkeit, dass „wir die Domowina sozusagen neu erfinden“, um die sorbischen Potenziale im Strukturwandel ausschöpfen zu können. Parität bei den Sorben zwischen Nieder- und Oberlausitz, lebendige Vielfalt verschiedener sorbischer Milieus auf Augenhöhe seien angesagt. Statnik: „Cottbus/Chóśebuz ist keine Zweigstelle der Bautzener Geschäftstelle, sondern die Domowina ist eine Organisation für die ganze Lausitz mit gleichwertigen regionalen Standorten. So lange die Rede von einer ,Minderheit innerhalb der Minderheit’ ist, stimme etwas nicht.” Zugleich mahnte der Domowina-Vorsitzende an, dass die Frauen, „die bessere Hälfte der Bevölkerung“, in den Gremien stärker vertreten sind, auch hier gelte das Gebot der Parität.
Zu den zahlreichen prominenten Gastrednern vor Ort zählten u.a. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), die sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, Barbara Klepsch (CDU), die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (LINKE) und der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirates der Stiftung für das sorbische Volk, der sächsische Landtagsabgeordnete Marko Schiemann (CDU). Der Vorsteher der Ortschaft Schleife/Slepo, Wolfgang Goldstein, hieß die Delegierten willkommen, auch der Leiter der Oberschule „Marja Grólmusec”, Jan Rehor, war anwesend. Während des Tages wurden Videobotschaften eingespielt, u.a. der Präsidenten der Landtage von Brandenburg und Sachsen, Ulrike Liedtke (SPD) und Matthias Rößler (CDU), von Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, sowie von Landes- und Bundespolitikern der CDU, SPD, GRÜNEN und FDP, Sachsens Linksfraktionschef Rico Gebhardt war vor Ort. Ein schriftliches Grußwort kam u.a. von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
Der Tag war von regen Diskussionen zu zahlreichen Themen geprägt, auch deshalb endete die Hauptversammlung eine Stunde später als geplant. Am Schluss verabschiedeten die Delegierten noch eine kurze Erklärung, in der festgestellt wird, dass die „Beleidigungen und Verleumdungen”, mit denen die Gruppe „Serbski sejm” gegenüber der Domowina auftrete, Austausch und Kooperation verunmöglichten. – Nach Ende der Tagung dankten Vertreter der Domowina den Schülern der Oberschule, die durch ihren Arbeitseinsatz zur Herrichtung der Sporthalle für eine solche Veranstaltung die Hauptversammlung des sorbischen Dachverbandes an diesem Ort überhaupt erst ermöglicht haben.
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Božena Šimanec/Schiemann
nowinska rěčnica/
casnikarska powědaŕka/
Pressesprecherin
Domowina z. t./
Domowina – Bund Lausitzer Sorben e. V.
tel.: 03591 / 550 202
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