Domowina-Vorsitzender gratuliert Hoyerswerdas neuem OB: Sorbischer Dachverband zu enger Zusammenarbeit bereit

Der Vorsitzende des sorbischen Dachverbandes Domowina, Dawid Statnik, hat dem neu gewählten Oberbürgermeister von Hoyerswerda, Torsten Ruban-Zeh (SPD), zu seinem Wahlerfolg gratuliert. Dazu erklärt der Domowina-Vorsitzende:„Torsten Ruban-Zeh hat sich in seinen Antworten auf die Wahlprüfsteine der Domowina klar zum Wert des Sorbischen für Stadt und Region bekannt. Er sieht in der Herkunft einen Handlungsauftrag für die Zukunft und in der lebendigen Sprache ein Markenzeichen. Wir freuen uns deshalb auf eine gute Zusammenarbeit zum Wohl der Gesellschaft in der Stadt und ihren Ortsteilen.Natürlich finden wir es besonders schön, wie der künftige Oberbürgermeister der Stadt in der eigenen Familie lebendige deutsch-slawische Zweisprachigkeit praktiziert, in dem Fall mit dem Russischen. Wir erwarten uns von Torsten Ruban-Zeh neue Impulse für sorbische Sprachräume insbesondere auch im Bereich der frühkindlichen und schulischen Bildung. Bei der konkreten Umsetzung sind wir als sorbischer Dachverband zur engen Zusammenarbeit mit der Stadtspitze bereit, so wie das Herr Ruban-Zeh schon vor der Wahl für die Zukunft gewünscht hat.“Dokumentation: Die Antworten von Torsten Ruban-Zeh auf die Domowina-Wahlprüfsteine:

1. Welche Beziehung haben Sie zu den Sorben und ihrer Kultur in Hoyerswerda und der Region? Kajki je Waš poćah k Serbam a jich kulturje we Wojerecach a regionje?
Bereits 2000 bei meinem Zuzug nach Hoyerswerda hatte ich erste Berührungspunkte mit den Sorben und ihrer Kultur. Die sorbische Kultur ist ein fester Bestandteil unserer Region und wir alle haben eine Verantwortung, diese zu pflegen. Ohne Achtung der Herkunft wird es keine ZUKUNFT geben. Ich kann mich noch sehr gut an sorbische Frauen in Trachten erinnern, die in unserem Globus ihre Einkäufe erledigten. Durch meine sehr guten Russischkenntnisse (als Kind zum Teil in Moskau aufgewachsen), war ich in der Lage, mich im Gröbsten zu verständigen. Allerdings haben sorbische Kolleginnen und Kollegen gern geholfen, um alles verstehen zu können. Leider sieht man die sorbische Tracht heute im Alltag nur noch sehr selten. Mit meiner Frau, gebürtig in Moskau, und unseren Kindern lieben wir es, direkt an dem sorbischen Brauchtum teilzuhaben. Gern schauen wir zum Osterreiten, der Vogelhochzeit oder anderen Höhepunkten zu. Auch meine heutige Tätigkeit, als Geschäftsführer der AWO Lausitz, mit unseren Kindertagesstätten „Krabat” und „Lutki Haus” bringt uns immer wieder in direkten Kontakt mit der sorbischen Kultur. Hoyerswerda muss auch hier wieder mehr seine ursprüngliche Geschichte hervorkehren. Zur Erlangung des Stadtrechtes 1423 überwog in Hoyerswerda die sorbische Bevölkerung. Die sorbische Kultur ist somit unumgänglich mit unserer Stadt verbunden. Gelebt wird die sorbische Tradition aber vor allem überwiegend nur noch in den Ortsteilen unserer Stadt und den Umlandgemeinden. Hier haben wir Aufholbedarf.
2. Welche Rolle sollte die sorbische Gemeinschaft im Prozess des Strukturwandels übernehmen? Kotru rolu měli Serbja w procesu strukturneje změny hrać?
Die sorbische Gemeinschaft als ein fester Bestandteil unserer Region ist unweigerlich mit dem Strukturwandel verbunden. Die vor uns liegenden Jahre werden entscheidend für die Region und alle in der Region lebenden Menschen sein. Gemeinsam müssen wir es mit Hilfe der Strukturfördermittel verstehen, auch diese Seite unserer Herkunft wieder herauszustellen. Gelingen wird dies aber auch nur durch eine starke Vertretung der Sorben. Wir müssen die Domowina stärken und in alle Belange unseres städtischen Lebens fest einbinden. Nur eine starke Domowina wird auch die Interessen der Sorben im Strukturwandel vertreten können.
3. Wie wollen Sie das Erlernen der sorbischen Sprache vom Kindergarten bis zum Gymnasium und zur Berufsschule sowie auch in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung unterstützen? Kak chceće nawuknjenje serbšćiny wot pěstowarnje hač do gymnazija a do powołanskeje šule kaž tež w dalekubłanju dorosćenych podpěrować?
Gemeinsam mit der starken Domowina, den Bürgermeistern der Umlandgemeinden und allen interessierten Parteien muss der Oberbürgermeister von Hoyerswerda hierfür die Grundlagen bei der sächsischen Staatsregierung und beim Bund einfordern bzw. erkämpfen. Zum einen benötigen wir die Anerkennung der sorbischen Sprache als reguläre Fremdsprache/Zweitsprache an den weiterführenden Oberschulen, Gymnasien und Berufsschulen. Um dies dann in der Folge in den Schulen auch umsetzen zu können, müssen die dafür benötigten Lehrer und Erzieher für Kitas in ausreichender Zahl ausgebildet werden. Darüber hinaus gehört für mich aber auch eine Ermutigung der sorbischen Eltern dazu, zu Hause mit Ihren Kindern auch sorbisch zu sprechen. Ein aktiver Gebrauch der ursprünglichen Muttersprache im Haushalt trägt zur Selbstverständlichkeit der Sprache bei. Zu Hause bei uns reden die Kinder mit meiner Frau russisch und mit mir deutsch. Da wir beide Deutsch wie Russisch beherrschen, trägt dies zum Erhalt der russischen Sprache in unserer Familie bei. Im Berufsleben ist meine Frau Deutschlehrerin an der Oberschule und nimmt auch die Prüfungen der 9. und 10. Klasse ab.
4. Was gehört nach Ihrer Meinung zur lebendigen Zweisprachigkeit in der Stadtgesellschaft und wie lässt sie sich befördern? Što słuša po wašim měnjenju k žiwej dwurěčnosći města a jeje wobydlerjow a z čim hodźi so tuta spěchować a polěpšić?
Lebendige Zweisprachigkeit in der Stadtgesellschaft darf sich nicht nur über eine Zweisprachigkeit in der Straßenbeschilderung oder einiger Print- und Werbemedien ausdrücken. Lebendige Zweisprachigkeit bedeutet für mich, dass auch im gesellschaftlichen Leben die Zweisprachigkeit gefördert wird. Dies kann insbesondere geschehen durch: - Zweisprachige Veranstaltungen in Kunst und Kultur - Mehr Aufführungen von sorbischen Theaterstücken - Zweisprachigkeit in den Geschäften der Stadt, mit der Herausstellung „Wir sprechen auch sorbisch” - Sorbische Sprachwettbewerbe - U.v.m. Dies alles kann aber nur mit den Menschen und durch die Menschen umgesetzt werden. Es bedingt ein aktives Leben der sorbischen Sprache in den sorbischen Familien und eine Bereitschaft aller, voneinander lernen zu wollen.
5. Die Beauftragte für sorbische Angelegenheiten der Stadt hat langjährige unermüdliche Arbeit geleistet – ehrenamtlich. Können Sie sich vorstellen, diese Stelle zumindest in Teilzeit hauptamtlich einzurichten? Zamołwita za serbske naležnosće w měsće je w poslednich lětach wukonjała njesprócniwe dźěło. Tute zastojnstwo wukonješe wona čestnohamtsce. Kak stejiće k tomu, tute městno znajmjeńša podźělnje hłownohamtsce zarjadować?
Im Rahmen des bevorstehenden Strukturwandels sollte dies uns gemeinsam gelingen. Es wäre ein Bekennen der Stadt zu ihrer Historie und Herkunft, ich wäre dazu bereit.
6. Was erwarten Sie von der Domowina, die im Jahr 1912 als Dachverband des sorbischen Volkes in Hoyerswerda gegründet worden ist, mit Blick auf die weitere Profilierung und Entwicklung der Stadt? Što wočakujeće wot Domowiny hladajo na wuwiće Wojerec, hdźež bu Domowina w lěće 1912 jako třěšny zwjazk serbskeho ludu załožena?
Mit der Domowina, als Dachverband des sorbischen Volkes, welche in Hoyerswerda gegründet wurde, besitzen wir ein einmaliges Alleinstellungsmerkmal in der Region. Dieses Alleinstellungsmerkmal müssen wir stärker kommunizieren und als solches für alle sichtbar herausstellen. Hierzu bedarf es eines festen Schulterschlusses zwischen der Stadtspitze und der Spitze der Domowina. Beide müssen wir uns der historischen Aufgabe bewusst sein, aber gemeinsam sind wir in der Lage, dies zu schaffen.

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