„Welterbe mit Leid und Brüchen“? Domowina Niederlausitz debattiert mit Experten über Umgang mit Tagebau-Folgelandschaft

Am Dienstagabend hat sich im Wendischen Haus Cottbus-Chóśebuz der Vorstand des größten Domowina-Regionalverbandes Niederlausitz / Dolna Łužyca zu seiner aktuellen Sitzung getroffen. Mit Blick auf den gerade neu gewählten Bundestag sprach sich Regionalvorsitzender Dr. Peter Schurmann dafür aus, dass sich die Domowina im Kontakt mit den Abgeordneten auf die Aufnahme des Schutzes der autochthonen Minderheiten ins Grundgesetz und die Einführung des Verbandsklagerecht für den Dachverband der Lausitzer Sorben konzentriert.

Fürs das kommende Jahr ist eine gemeinsame Sitzung mit dem neu gewählten Vorstand des Regionalverbandes Hoyerswerda/Wórjejce geplant, man habe sich bereits über wesentliche Gesprächsthemen verständigt. Zugleich will der Niederlausitzer Regionalvorstand die interne Kommunikation mit der Mitgliederschaft verbessern, dazu hat Regionalsprecherin Heike Apelt einen Themenplan für einen Newsletter „Domowinske pokazki” (Hinweise der Domowina) vorgelegt.  

Im Mittelpunkt der Sit(zung stand die Vorstellung des Projekts  Lausitzer „Tagebaufolgelandschaft als UNESCO-Welterbe”, ein gemeinsames Projekt des Sorbischen Instituts, vertreten durch Fabian Jacobs und Jenny Hagemann, des „Institute for Heritage Management” (Lea Brönner) und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Laut Brönner handelt es sich um die weltweit größte zusammenhängende Tagebaulandschaft, an der sich die Radikalität des Eingriffs und die Innovation der Umgestaltung darstellen lasse.

Jenny Hagemann verwies auf konkrete Beispiele wie Proschim/Prožym, das „im Ergebnis eines Aushandlungsprozesses erhalten” wurde, und die künftige Nutzung “wendischer Gehöfte”. Da das „Sorbische vom Miteinander der Menschen lebt”, werde aber stets die „Mikroregion“ mit in den Blick genommen. Die sorbische Kultur und die Industriekultur seien in ambivalenter Weise verflochten gewesen, dem solle auch „der minderheitensensible Antrag auf Welterbe“ entsprechen. Der Antrag wird in deutscher, nieder- und obersorbischer Sprache sowie auf Englisch bis Ende Oktober eingereicht. Selbst wenn man 2024 nicht auf die Liste der Vorschläge Deutschlands kommen sollte, profitiere die Region von den erarbeiteten „Wertschöpfungspotenzialen“, so Lea Brönner. Im Erfolgsfalle der Nominierung auf internationaler Ebene stehe eine noch umfangreichere Bewerbung an, über die erst in den 30-er Jahren entschieden werde. Fabian Jacobs wünscht sich auch „Strategien, verschwundene sorbische Orte wieder sichtbar zu machen“.

Vize-Regionalvorsitzender Marcus Koinzer, auch stellvertretender Domowina-Geschäftsführer, sieht die Gefahr, dass sich vor allem Menschen, die ihre Heimatdörfer verloren haben, schlicht verhöhnt fühlen. Die Träger des Projekts sagten zu, auch „Leid und Brüchen“ Raum zu geben, dies müsse aber noch entwickelt werden. Es gebe schon jetzt Welterbestätten, „die sich mit problematischen Sachen befassen“. Auf Nachfrage von Franciska Albert nannte Lea Brönner als Beispiel ein historisches „Höhlensystem für Sklavenhaltung“. Torsten Mack stellte den Begriff „Erbe” in Frage, denn das könnte im Gegensatz zur Folgelandschaft „ausgeschlagen werden“. Zudem bewege sich diese Landschaft durch Rutschungen weiter.

Für Brenner geht es um ein „Stück Menschheitsgeschichte“, das noch weiter gehe. Aus Sicht von Měto Nowak wäre es gerade reizvoll, wenn sich die UNESCO mit einem solch komplexen „Erbe“ auseinandersetzen müsste. Peter Schurmann stellte die Bedeutung „der Weiterentwicklung von Identität“ ins Zentrum, William Janhoefer ist wichtig, dass die Folgelandschaft als „Hinterlassenschaft von Zerstörung von Kultur und Natur“ verstanden wird. Frank Kossick drängt darauf, dass ein solches „Welterbe“ nicht als „Wiedergutmachung für vernichtetes Welterbe missverstanden werden darf.“

Am Schluss dankte Schurmann seinem Vorgänger William Janhoefer für seine Arbeit und wünscht sich, dass er weiter insbesondere seinen juristischen Sachverstand einbringen möge.

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