Konferenz der Domowina und der Zukunftswerkstatt Lausitz: “Erst Strukturwandel, dann Kohleausstieg“
„Wie wollen wir künftig in der Lausitz leben?“ lautete die zentrale Frage der Konferenz „Quo vadis Łužyca/Łužica/Lausitz“ zum Strukturwandel am 13. und 14. September an der Technischen Universität in Senftenberg/Zły Komorow. Die Konferenz, die durch die Domowina – Bund Lausitzer Sorben in Kooperation mit der Zukunftswerkstatt Lausitz organisiert wurde, befasste sich mit den Fragen des anstehenden Strukturwandels und den Chancen, die sich dadurch für die Region ergeben.Unter den Teilnehmern aus Wissenschaft, Forschung, Gesellschaft und Politik waren die brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur Dr. Martina Münch und ihre sächsische Amtskollegin, die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Dr. Eva-Maria Stange.David Statnik, Vorsitzender der Domowina hierzu: „Wir möchten mit dieser Konferenz dazu beitragen, dass die Anliegen dieses Teils der Lausitzer Bewohnerinnen und Bewohner Gehör bei der Planung unserer Zukunft finden.“Diskutiert wurden zum einen die Rahmenbedingungen, die für einen solchen Prozess notwendig sind, zum anderen aber auch konkrete Erwartungen, um die Lausitz weiter zukunftsfähig und lebenswert zu gestalten. Ein weiterer Aspekt waren ökonomische Chancen, wie zum Beispiel die Kooperation mit den östlichen Nachbarländern, die Rolle von Rückkehrern in die Region oder die Attraktivität von Angeboten für Jugendliche, die in der Lausitz bleiben wollen. Der bereits jetzt herrschende Fachkräftemangel gefährdet die wirtschaftliche Landschaft der Lausitz zunehmend. Nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Aspekte spielten eine Rolle. So widmeten sich Vorträge zum Beispiel der Lausitz als europäische Kompetenzregion für Mehrsprachigkeit und Sprachenvielfalt oder der Entwicklung des ländlichen Raumes unter besonderer Berücksichtigung des sorbischen/wendischen Volkes. David Statnik sagte dazu: „Die Lausitz ist die Heimat der hier lebenden Menschen. Ein großer Teil bekennt sich zum sorbischen/wendischen Volk oder ist mit diesem geschichtlich verbunden. Der Strukturwandel gefährdet somit nicht nur die wirtschaftliche Perspektive der Lausitz, sondern auch die Existenz unseres Volkes und die Identität aller Lausitzer. Gebraucht werden nicht nur Investitionsprogramme in Arbeitsplätze, sondern ganzheitliche Ansätze, um die Identität und die Prägung der zweisprachigen Lausitz zu erhalten. Dies entspricht auch dem Grundsatzpapier ‘Gemeinsam für die Zukunft der Industrieregion Lausitz‘, das im Juni 2017 von den Landesregierungen Brandenburgs und Sachsens als Teil der Lausitzstrategie beschlossen worden ist. Wir fordern daher eine besondere Beachtung der Belange und Bedürfnisse unseres Volkes, die sich in entsprechenden Projekten und Institutionen widerspiegeln sollen. Deshalb werden wir den Regierungen von Sachsen und Brandenburg eine Zusammenfassung der Ergebnisse unserer Konferenz zum Strukturwandel mit konkreten Erwartungen übermitteln. Wir wollen, dass die Impulse aus unserer Konferenz in das Leitbild zur weiteren Entwicklung der Region und damit unserer Heimat einfließen.“ Am zweiten Tag vertieften die Anwesenden die Thesen und Themenbereiche in mehreren Workshops. So beschäftigten sich Gruppen unter anderem mit der sorbischen Spezifik der Lausitz, der Strukturentwicklung im Bereich des Tourismus, der Kultur- und der Kreativwirtschaft, der Verantwortung der Kommunen für sorbische/wendische Angelegenheiten, der Mehrsprachigkeit als Standortvorteil und den sorbischen Institutionen.Im Ergebnis der Konferenz konstatierten die Teilnehmer, dass die sorbische/wendische Prägung der Lausitz von allen Akteuren stärker als regionaler Identitätsfaktor genutzt werden sollte. Hierbei sollte die Verwendung jedoch weit über den Kultur- und Tourismusbereich hinausragen. Das Sorbische/Wendische ist das Alleinstellungsmerkmal der Lausitz gegenüber anderen Regionen und hebt die besondere Spezifik dieser Region hervor. Dies kann – im europäischen Vergleich – auch zu einer Blüte der Lausitz verhelfen. Die Lausitz sollte als Kompetenzregion für Mehrsprachigkeit gestärkt werden. Hinsichtlich des Strukturwandels konstatierten die Teilnehmer, dass der Strukturwandel vor dem Abschlusstermin für einen Kohleausstieg vollzogen sein muss. Die vor uns liegende Strukturentwicklung der Lausitz muss möglichst ohne persönliche wirtschaftliche Nachteile der Betroffenen gemeistert werden. Die Maßnahmen zur Gestaltung der künftigen Infrastruktur der Lausitz sollten sich nicht lediglich an planerischen Kennzahlen orientierten, sondern unter Beachtung der wirtschaftlichen Notwendigkeit und Standortattraktivität geplant und realisiert werden. Hier sind Zielvorgaben in Absprache mit den kommunalen Trägern und den regionalen Akteuren zu definieren. Insbesondere Infrastrukturmaßnahmen, wie eine schnelle und verlässliche Zugverbindung Berlin – Cottbus – Bautzen – Görlitz (plus Wrocław; Liberec), können dazu beitragen, auch die Lebensbereiche außerhalb der Metropolen zu stärken. Die Lausitz sollte sowohl für Investoren als auch für einen wissenschaftlich orientierten Mittelstand attraktiv sein. Diskutiert wurden ebenfalls Fragen zur Funktionalität der sorbischen/wendischen Einrichtungen und der Wirksamkeit bisheriger Maßnahmen zum Erhalt der sorbischen Sprache und ihrer Revitalisierung. Hier äußerten die Teilnehmer Nachholbedarf. Ziel sollte es sein, die Sprachräume weiter zu stärken. Dafür ist die Höhe der Förderung der Stiftung für das sorbische Volk von ausschlaggebender Bedeutung.
Kommentare und Antworten
Božena Šimanec/Schiemann
nowinska rěčnica/
casnikarska powědaŕka/
Pressesprecherin
Domowina z. t./
Domowina – Bund Lausitzer Sorben e. V.
tel.: 03591 / 550 202
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